Volles Haus bei Veranstaltung zum Landesjagdgesetz in Dernau

Kein Sitz- und Stehplatz war mehr frei bei der Veranstaltung in Dernau. Die Kreisgruppe hatte eingeladen, um über den Entwurf für ein neues Landesjagdgesetz zu sprechen.

Mehr als 300 Jäger, Jagdgenossenschaftsvertreter, Politiker sowie interessierte Bürger waren der Einladung zur Podiumsdiskussion gefolgt. Die zuständige Ministerin Katrin Eder wurde zur Teilnahme am Podiumsgespräch eingeladen. Die zunächst erfolgte Zusage ihres Staatssekretärs Dr. Erwin Manz wurde jedoch später zurückgezogen.

Auf dem Podium sprachen:

  • Dr. Sven Bischoff
    Geschäftsführer des Landesjagdverbands Rheinland-Pfalz
  • Horst Gies, MdL (CDU)
    Erster Kreisbeigeordneter des Kreis Ahrweiler
  • Mathias Heeb (Grüne)
    Fraktionsvorsitzender der Grünen im Rat der Gemeinde Grafschaft
  • Dr. Torben Butchereit
     Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler
  • Marcus Schuck
    Rechtsanwalt
  • Ralf Schmidt
    Erster Vorsitzender der Kreisgruppe Ahrweiler

Warum sind wir Jäger so vehement gegen den neuen Entwurf des Landesjagdgesetzes?

KEINES DER ZIELE DES ENTWURFS WIRD UMGESETZT

Die Landesregierung behauptet im Entwurf zum neuen Jagdgesetz:

  • die Jagdrechtsinhabenden sollen gestärkt werden,
  • die waidgerechte Jagd soll formuliert werden,
  • neue wildtierökölogische Erkenntnisse sollen umgesetzt werden,
  • die klimaresiliente Waldentwicklung soll gestützt werden,
  • eine zweckmäßige Jagdverwaltung mit Vereinfachungen soll eingerichtet werden,
  • die Regelungsdichte der administrativen Detailvorgaben soll abgebaut werden.

Tatsächlich steht im Text in allen Punkten das Gegenteil:

A) SCHWÄCHUNG DER JAGDRECHTSINHABENDEN

  • Bisher übt der Jagdrechtsinhaber sein Recht in einer Jagdgenossenschaft vor allem durch Verpachtung eines Revieres aus.
    Das Reviersystem wird aber ausgehebelt. Jeder Grundeigentümer kann zwar zunächst der Verpachtung zustimmen, anschließend aber auch noch seine Fläche selbst bejagen oder getrennt an einen Dritten verpachten. Es können Bewirtschaftungsgemeinschaften gebildet werden, die darüber hinaus auch unterjährig variieren.
    Die Solidarität zwischen denjenigen, die möglicherweise unter Wildschaden leiden und denjenigen, wo schadensarm höhere Wildbestände vorhanden sind, wird zerstört. Nur gemeinsam aber kann das Jagdrecht der Grundstückseigentümer wirkkräftig umgesetzt werden.
  • Eine Übersicht über die Frage, wer wann und wo im Revier jagt, ist den Jagdrechtsinhabern nicht mehr möglich.
  • Das Gesetz schreibt nun vor, wann der Pachtvertrag fristlos zu kündigen ist und entmündigt damit die Jagdgenossen.
  • Die bisher bestehende jährliche Abschlussvereinbarung zwischen Pächter und Verpächter wird abgeschafft. Damit verlieren die Jagdrechtsinhaber (Jagdgenossen) innerhalb der Pachtperiode die Möglichkeit, verbindliche Vorstellungen zur Ausübung der Jagd zu formulieren (z.B. Kaninchen im Weinberg verstärkt zu schließen oder Schwarzwild in einem bestimmten Bereich oder Rehwild in der Aufforstung).
  • Das System des Mindestabschlussplans – an dem die Jagdrechtsinhaber NICHT beteiligt sind, wird exorbitant Anstelle der Überprüfung eines waldbaulichen Betriebsziels tritt die Formulierung “Schmälerung des Interesses der Allgemeinheit an den Wirkweisen des Waldes durch Wild“. Dies ist DAS Einfallstor für die Machtübernahme der Jagdgenossenschaften durch den Forst. Dass dies ein markantes Ziel des Entwurfs ist, zeigt sich darin, dass bereits heute und auch hier im Kreis Ahrweiler die Forstämter qua Amt versuchen, die Jagdgenossenschaften zur Zustimmung zu beeinflussen.

Fazit: Der Jagdrechtsinhaber bleibt auf der Strecke.

  • Die genannten Änderungen verleiden Jägern die Pachtung. Wer möchte schon sein Revier mit anderen ungefragt teilen? Anders ausgedrückt: Wer mietet eine Wohnung, wenn der Vermieter dort abends eine Party machen darf?
  • Die Sanktionen, die auf den Pächter zukommen, der den Weisungen des Forstes nicht folgt, sind gravierend: Bußgelder, Zwangsgelder, Ersatzvornahmen – ohne jedes Ermessen auf Verhältnismäßigkeit.

Welcher seriöse, nachhaltig jagende Pächter wird dies mit sich machen lassen?

Fazit: Der Jagdrechtsinhaber wird mit diesem Gesetz keine oder nur eine deutlich geringere Pacht erhalten und bleibt auf dem Wildschaden sitzen.

Statt Stärkung deutliche Schwächung der Rechte!

 

B) TIERSCHUTZVERSTÖSSE IN GROSSER ZAHL

  • Direkt zu Beginn des Entwurfs wird deutlich: die bisherigen Passagen im Landesjagdgesetz, dass Ziele der Jagd die Erhaltung eines gesunden Wildbestandes und seiner natürlichen Lebensgrundlagen sind, wurden gestrichen. Stattdessen liegt der Fokus auf der Holzgewinnung.
  • Pflanzen und Bäumen wird ein höherer Schutzstatus zugesprochen als Tieren, insbesondere Pflanzenfressern. Da wildlebende Tiere vom Grundgesetz besonders geschützt sind, verstößt dies gegen die Verfassung.
  • Einer der elementaren Grundsätze waidgerechter Jagd ist der Elterntierschutz.
    Ab November sollen indes Elterntiere auch dann erlegt werden dürfen, wenn sie noch ein abhängiges Jungtier führen. Verbunden mit einem Mindestabschussplan (s.o. A) bedeutet dies faktisch einen Zwang, führende Mutter-Tiere zur Vermeidung von sonstigen Sanktionen gegen den Jagdpächter zu erlegen.
  • Zur tierschutzgerechten Jagd gehört, dass Tiere nicht ganzjährig und nicht zu jeder Tageszeit bejagt werden sollen.
    Dam- und Muffelwild haben in weiten Teilen von Rheinland-Pfalz keine Schonzeit Die Möglichkeit, die Schonzeit aufzuheben, wird deutlich erleichtert.
    Gleiches gilt für die Aufhebung des zum Schutz der wildlebenden Tiere bestehenden Nachtjagdverbotes.
  • Zur Wildökologie gehören auch Biodiversität und Artenschutz. Zahlreiche bodenbrütende Tiere wie Rebhühner, Feldlerche und Kiebitz bedürfen in einer modernen Agrarlandschaft besonderen Schutz. Ihr Weiterleben hängt auch von der Bejagung ihrer Fressfeinde ab. Dies geht indes nur mit der Fallen- und Baujagd.
  • Waidgerechte Jagd ist Jagd mit Hund – und zwar gut ausgebildeten. Letzteres wird im Entwurf eingeschränkt.

Fazit: Von modernen wildökologischen Erkenntnissen findet sich gar nichts.
Stattdessen strotzt das Gesetz von Verstößen gegen anerkannte Grundsätze des Tierschutzes. Der Artenschutz wird mit Füßen getreten.

 

C) ERHÖHUNG DER WALDWILDSCHÄDEN

Vorab: Die Kalamitätsflächen wurden nicht vom Wild erzeugt. Sie sind Folge der forstlichen Entscheidung, diese Bäume an dieser Stelle anzupflanzen, von Trockenheit, Hitze und dem Borkenkäfer.

  • Ein neues Gesetz ist zur Stärkung des Aufbaus naturnaher Wälder in Rheinland-Pfalz nach Angaben des Ministeriums selbst gar nicht erforderlich:
    Der Leiter der Landesforsten und zuständige Abteilungsleiter im Umweltministerium, Dr. Jens Jacob, trug 2019 im Bundestag vor: In Rheinland-Pfalz betrage (damals!) der Mischwaldanteil 82%, Laubwaldanteil 60%, 87% aller Jungbäume entstammten natürlicher Ansamung. Das Durchschnittsalter aller Bäume sei von 2002 bis 2012 um 5 Jahre auf beachtliche 80 Jahre gestiegen. (Quelle: Anhörung Bundestag 11.11.2019)

Dieser Waldumbau ist in Rheinland-Pfalz unter dem jetzigen Landesjagdgesetz also bis jetzt gelungen.

  • Im Kreis Ahrweiler ist z.B. im Bereich der Hegegemeinschaft Hohe Acht Kesselinger Tal (gesamt 63 Reviere) durch ehrenamtliches Engagement der Jäger die Zahl der Reviere, in denen das waldbauliche Betriebsziel als erheblich gefährdet gewertet wird, von 21 auf 9 gesunken, darunter ein in Eigenregie genutztes staatliches Revier.
  • Auch dort, wo es noch problematischere Situationen gibt, sind die Regelungen des jetzigen Jagdgesetzes völlig ausreichend. Derselbe Beamte, Dr. Jacob, führte 2021 vor dem Bundestag aus: Die Abschussregelungen für Rehwild in RLP – gerade auch unter Waldschutzkriterien – mit der Möglichkeit der Einräumung eines Mindestabschusses seien bereits vorbildlich gestaltet.
    Nebenbei fordert er doch auch: „Es ist angebracht, den Parteien des Jagdpachtvertrages die Freiheitsgrade zu belassen, die Abschusshöhe zu vereinbaren.“ (Quelle: Anhörung Bundestag zum 1.3. 2021).
  • Schäden durch Wild in Wald und Flur zu verringern gelingt durch eine diffizile Kombination von effektiver Jagd zur rechten Zeit am rechten Ort, genügendem Abschuss des Wildes und Lenkung des Wildes von unerwünschten, weil schadensträchtigen Flächen auf andere Stellen hin.
    Mit diesen Konzepten arbeiten gerade auch hier im Kreis Ahrweiler die Jäger sehr erfolgreich, wie das o.a. Beispiel der Hegegemeinschaft Hohe Acht Kesselinger Tal belegt.
    Die Regelungen zur Revierstruktur mit einer ungewissen und unkoordinierten Jägerzahl stört jedes Jede Störung birgt die Gefahr steigender Wildschäden in sich.
  • Moderne wildbiologische Erkenntnisse belegen seit langem:
    Die Winterjagd beeinträchtigt die Tiere, drängt sie in den Wald zurück und erhöht dort die Schäden. Sie ist in jeder Hinsicht kontraproduktiv.
    Die (teilweise zwingend vorgesehene) Aufhebung der Schonzeit bewirkt daher ebenfalls eine Erhöhung der Schäden.
    Jagddruck schafft Verbissdruck! Und Jagddruck fordert der Entwurf.

Fazit: Der Wald benötigt kein neues Gesetz.
Der Entwurf wird zur Erhöhung der Waldwildschäden führen.  

 

D) DIE BÜROKRATIE WIRD AUSGEBAUT

  • Das Gesetz enthält alleine 61 Verbote, 3 Strafandrohungen und 26 Tatbestände der Ordnungswidrigkeiten. Darunter eine, die sich auch auf Regelungen der noch kommenden Verordnungen beziehen kann. Manches davon ist sicher nötig. Dennoch: Die Kontrolle der Verbote, die Umsetzungen von Bußgeldern beschäftigt die Behörden und die Gerichte.
  • Die Begehungsscheine für Grundstückseigentümer und Jagdbezirke durch Bewirtschaftungsgemeinschaften bedeuten mehr Jagdbezirke, die von der Unteren Jagdbehörde zu verwalten sind. Die Überprüfung ist sehr komplex.
  • Die Erfassung und Bekämpfung der Wilderei mit ihren Gefahren (siehe Kusel) wird ungleich schwerer und erfordert mehr Arbeit bei einer ungewissen Zahl legaler Jäger.
  • Die Zahl der Mindestabschusspläne wird steigen. Diese erfordern zunächst eine behördliche Kontrolle. Dann ist der Plan durch die Untere Jagdbehörde festzusetzen, der körperliche Nachweis ist durch diese durchzuführen.
  • Der Wegfall von Mindestpachtzeiten und die neuen Sonderkündigungsrechten führen zu mehr und zu schwierigeren Prüfungen von Jagdpachtverträgen.
  • Die zwingende vorgesehen Durchführung von Zwangsjagden werden die UJBs als zusätzliche Aufgaben erhalten.
  • Der Kreisjagdberater, der nicht mehr wie der jetzige Kreisjagdmeister von den Jägern gewählt wird, fehlt als Mittelsmann.
  • Die Anweisung zur Anlage eines digitalen Jagdkatasters wird die UJB über lange Zeit erheblich beschäftigen.

Fazit: Die Bürokratie wird immens aufgebaut

Das Gesetz ist ein bürokratisches Monster.

 

Die Zielsetzungen haben mit dem Entwurf gar nichts zu tun.

Das Gesetz soll nur
– die Jagdrechtsinhaber schwächen,
– die waidgerechte Jagd zunichtemachten,
– die Vormachtstellung des Forstes vor allen anderen Landnutzern sichern.

Der Entwurf muss vollständig zurückgenommen werden!